Die organisatorische Gliederung der Fakultät kann zwar nur eine erste Vorstellung ihrer Lehr- und Forschungsbereiche geben, deutet aber doch deren thematische und zeitliche Spannweite an. Das Historische Seminar mit seinen "klassischen" drei Abteilungen für alte, mittelalterliche und neuere Geschichte, das Seminar für Zeitgeschichte, das Institut fürosteuropäische Geschichte und Landeskunde und das Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften werden durch die Abteilung für Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Wirtschaftswissenschaftlichen Seminars verstärkt, dessen Leiter die Fakultät kooptiert hat. Sie verfügt damit über Schwerpunkte in Forschung und Lehre, die so nicht überall zur Verfügung stehen; zu ihnen sind in den vergangenen Jahren eine Professur für Nordamerikanische Geschichte und eine Jean Monnet-Professur für die Geschichte der Europäischen Integration und der Internationalen Beziehungen gekommen, die ältere Bestrebungen verstärkt fortführen. In den klassischen Teildisziplinen der alten, mittelalterlichen und neueren Geschichte bestehen entsprechend der Ausdifferenzierung der Teilfächer jeweils zwei oder drei Professuren, die auch künftig notwendig sein werden, wenn die Fakultät die fachwissenschaftliche Entwicklung in der Forschung angemessen mitgestalten und in der Lehre umsetzen können soll.
Wie die Einzelbeschreibung der Forschungsprojekte zeigt, ist der Anteil der Drittmittelprojekte in der Fakultät groß. Nur so ist der personelle, apparative und finanzielle Unterbau noch finanzierbar, den auch die geschichtswissenschaftliche Forschung zunehmend mehr benötigt. So erfreulich die Anerkennung ist, die den an der Fakultät tätigen Forscherinnen und Forschern durch die Bewilligung von Drittmitteln zuteil wird, so problematisch ist, daß die Universität (und das heißt: das Land) die Forschungsmittel immer weniger selbst in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen kann. Die Universität ist die einzige Institution, in der auch heute noch Lehre und Forschung in fruchtbarem Zusammenspiel betrieben werden können. Auch ist nach wie vor und mit guten Gründen die monographische Einzelforschung in der Geschichtswissenschaft besonders wichtig. In ihr erweist sich die zentrale Bedeutung der individuellen Forscherpersönlichkeit, deren Leistung den hohen Standard des Faches ermöglicht hat und deren Innovationsbereitschaft für seine Fortentwicklung unabdingbare Voraussetzung ist. Ihre bessere Förderung vor allem auch durch mehr Doktorandenstipendien ist daher ein dringendes Desiderat.
Ohne die traditionellen Verbindungen zu anderen Nachbardisziplinen abreißen zu lassen, hat sich wie in der alten Bundesrepublik überhaupt auch in Tübingen die Historie in den letzten drei Jahrzehnten theoretisch und methodisch zu den Sozialwissenschaften hin geöffnet. Sie ist überdies in ein dichtes Netz überregionaler und internationaler Beziehungen eingefügt. Mitglieder der Fakultät beteiligen sich etwa an der Herausgabe von Zeitschriften und Schriftenreihen geschichtswissenschaftlicher und interdisziplinärer Ausrichtung; sie gehörten zahlreichen international bekannten wissenschaftlichen Einrichtungen an oder arbeiten mit ihnen zusammen, die für die gesamte geschichtswissenschaftliche Forschung von Wichtigkeit sind. Erwähnt seien nur die Akademien der Wissenschaften in Heidelberg, Mainz und Wien, das Max Planck-Institut für Geschichte in Göttingen, das Institut für Zeitgeschichte und die Monumenta Germaniae Historica in München oder die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Bonn und die Internationale Kommission für Geschichte des Ständewesens und des Parlamentarismus. Diese Kontakte und die vielfältigen Beziehungen der Fakultätsmitglieder zu in- und ausländischen Universitäten ermöglichen eine intensive wissenschaftliche Kommunikation, ohne die ihre Forschung nicht möglich wäre.
qvf-info@uni-tuebingen.de(qvf-info@uni-tuebingen.de) - Stand: 30.11.96